Wählen ist wichtig: Wahlveranstaltung in Einfacher Sprache für Menschen mit und ohne Behinderung

Für viele Menschen mit Behinderung ist die anstehende Landtagswahl die erste Wahl, an der sie teilnehmen werden – obwohl sie schon weit über 18 Jahre alt sind. Denn Menschen mit Betreuungsassistenz dürfen sich erst seit einer überfälligen Wahlrechtsreform im Mai 2019 an der Wahl beteiligen. Rund 80 Personen mit und ohne Behinderung kamen dazu am vergangenen Freitag im Ratssaal des Würzburger Rathauses zusammen.

Die Besonderheit der Veranstaltung lag darin, dass sie ausschließlich in Einfacher Sprache stattfand. Eine Herausforderung für die Politiker:innen: Das bedeutet langsam und mit Pausen zu sprechen, kurze Sätze mit klaren Aussagen zu machen und wenige Fachbegriffe zu verwenden. Zudem hatten die Wähler:innen die Möglichkeit, zuvor verteilte rote Karten mit dem Aufdruck „Bitte Leichte Sprache“ aufzuzeigen, sobald es unverständlich wurde oder der aktuelle Redner keine Einfache Sprache verwendete.

Bürgermeister Martin Heilig (Die Grünen und erster Klimabürgermeister Bayerns) machte in seiner Begrüßungsrede noch einmal deutlich, wie wichtig es sei, sich an der Wahl zu beteiligen und dass „jeder Mensch das Recht zu wählen“ habe. Dazu gehören laut Sozialreferentin Hülya Düber auch barrierefreie Wahllokale und die Möglichkeit, sich barrierefrei über die Wahl informieren zu können. Zwei Gebärdendolmetscherinnen übersetzten die Veranstaltung deshalb auch für Menschen mit Hörbehinderung.

Julian Wendel, kommunaler Behindertenbeauftragter, berichtete über die jüngsten Erfolge des Behindertenbeirates in Würzburg, wie beispielsweise den rollstuhlgerechten Umbau von Würzburger Taxen durch eine Bezuschussung der Stadt Würzburg.

Mögliche weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderung sieht der bayrische Behindertenbeauftragte Holger Kiesel bei den Themen Wohnen, Arbeit und Schule. Problem sei jedoch allzu oft der Mangel an Personal im Assistenzbereich. Er meinte außerdem: „Es sollte mehr Veranstaltungen dieser Art in Einfacher Sprache geben.“

In einer anschließenden Vorstellungsrunde präsentierten die Direktkandidat:innen und weitere Vertreter:innen der Parteien, die zwischen den Wähler:innen in den „Zuschauerrängen“ saßen, sich und ihr Wahlprogramm in Leichter Sprache. Patrick Friedl (Die Grünen), Alexander Kolbow (SPD), Andrea Bär (CSU), Tobias Dutta (FDP), Wolfgang von Eyb (AfD), Sabine Wolfinger (Freie Wähler), Doris Dörnhöfer (Die Linke) und Heinz Braun (ÖDP) hatten hierzu jeweils vier Minuten Zeit, um die wichtigsten Punkte anzusprechen.

Danach ging es für die Teilnehmer:innen in verschiedene rotierende Gesprächsgruppen mit den Politiker:innen, in denen explizite Fragen der Wähler:innen geklärt werden konnten. In einer abschließenden Feedbackrunde wurde dann darüber gesprochen, inwieweit die Anregungen und Forderungen umgesetzt werden können. Ein Vorschlag war, dass Leichte Sprache in allen Bereichen der Gesellschaft eingesetzt werden sollte.

Zum Abschluss der Veranstaltung konnten die Wähler:innen noch einmal informell mit den Politiker:innen ins Gespräch kommen oder sich von den Schüler:innen der Robert-Kümmert-Akademie den Wahlvorgang noch einmal genau erklären lassen – um Fragen wie, „Was bedeutet welcher Wahlzettel?“ oder „Wo mache ich, wie viele Kreuze?“ zu klären.

Copyright Text & Bilder: Viola Kettemann

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